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Vorstandssprecherin des Deutschen Energieberater-Netzwerks zur aktuellen Anfragesituation für die Energieberatung:

„Teilweise herrscht gewisse Panik, sodass man erstmal Ruhe und Sachlichkeit in die Diskussion bringen muss.“

Jessica Tomala-Flute
13. Dezember 2023

Steigende Energiepreise, häufige Änderungen bei staatlichen Vorgaben und Förderungen - das alles führt derzeit zu spürbarer Unsicherheit bei vielen Hausbesitzer:innen und vollen Terminkalendern bei Energieberater:innen. In welcher Situation lohnt es sich, eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen und wie können die Berater:innen bei der Ermittlung der richtigen Einsparpotenziale helfen? Ein Interview mit Stefanie Koepsell, Vorstandssprecherin des Deutschen Energieberater-Netzwerks.

Frau Koepsell, Sie sind Vorstandssprecherin des Deutschen Energieberater-Netzwerks. Aktuell können Sie sich vor Anfragen wahrscheinlich gar nicht mehr retten?

Stefanie Koepsell DEN
Stefanie Koepsell, Vorstandssprecherin / Foto: DEN e.V., Kerstin J. Kater

Ja, wir haben aufgrund der aktuellen Lage sehr viele Anfragen und die meisten Büros sind sehr gut ausgelastet. Allerdings herrscht teilweise eine gewisse Panik, sodass man erst mal Ruhe und Sachlichkeit in die Diskussion bringen muss und auch genau mit den Hauseigentümer:innen das Ziel der Beratung klären muss. Ein vor wenigen Jahren gebautes Haus, welches eine neue Heizung benötigt, braucht eine andere Beratung als eine komplett unsanierte 80 Jahre alte Bestandsimmobilie.

Gegenwärtig häufen sich die Nachfragen nach Wärmepumpen und PV Anlagen, das Thema Gebäudehülle hat leider momentan eher weniger Priorität. Problematisch für die Energieberater:innen ist die Begleitung von Projekten mit Förderung, weil es dort teilweise zu sehr langen Bearbeitungszeiten und bürokratischen Hürden kommt, auf die die Energieberater:innen leider keinen Einfluss haben und die teilweise sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.

Was macht das DEN genau und welche Ziele verfolgt es?

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Das Deutsche Energieberater-Netzwerk ist ein Zusammenschluss von über 800 unabhängigen Ingenieur:innen, Architekt:innen, Planungsbüros, Techniker:innen und Handwerksmeister:innen. Und verbindet das gemeinsame Arbeitsgebiet: Beratungs- und Planungsleistungen rund um das Thema Energieeffizienz. Neben dem traditionellen Feld der Gebäudeenergieberatung im Wohn- und Nichtwohnungsbereich hat sich das Netzwerk weiterentwickelt und einige Mitglieder bearbeiten auch Themengebiete wie Ressourcen- und Materialeffizienz, Energieaudit, Mobilität und andere Aspekte.

Wir haben dabei einen hohen Qualitätsanspruch und im Mittelpunkt steht die hochwertige und vor allem herstellerunabhängige Beratung. Daher können nur qualifizierte Energieberater:innen Teil des Netzwerks sein, die sich der neutralen Beratung verpflichten. Um diesen hohen Qualitätsanspruch sicherzustellen, haben wir neben unserem eigenen Qualitätssiegel auch eine eigene Weiterbildungs-Akademie, in der sich sowohl unsere Mitglieder als auch Externe zum Thema Energieeffizienz und Klimaschutz weiterbilden können.

Zudem bieten wir eine gemeinsame Plattform für unsere Mitglieder zum Austausch und Netzwerken. Dazu gehört auch, politisch die Diskussion über die Themen Energieeffizienz voranzubringen. Daher stehen wir im Austausch mit den Ministerien, Ämtern und politischen Entscheidungsträgern, um beispielsweise die Themen Energieeffizienz im Gebäudesektor, die damit verbundenen Förderprogramme oder auch das Berufsbild für Energieberater:innen zu diskutieren und zu forcieren.

In welchen Fällen ist es denn sinnvoll eine/n Energieberater:in zu beauftragen?

Als Besitzer:in einer Bestandsimmobilie ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit dem Thema Energieberatung zu beschäftigen. Oftmals haben wir Anrufe, bei denen bei Objekten aufgrund eines Defekts schnell eine Alternativlösung gefunden werden muss, aber dann leider nicht genügend Zeit für eine umfangreiche Energieberatung bleibt. Unabhängig von geplanten Investitionen kann man mithilfe einer Energieberatung eine individuelle Analyse des energetischen Zustands seiner Immobilie erhalten und Informationen zu sinnvoll aufeinander abgestimmten energetischen Modernisierungsmaßnahmen. Wenn beispielsweise die alten zugigen Fenster ausgetauscht werden sollen, kann das mit einer Außendämmung kombiniert werden und die Heizungsanlage, die später erneuert werden muss, kann aufgrund des geringeren Heizwärmebedarfs kleiner dimensioniert werden. Solche Investitionen werden oftmals erst durch eine Energieberatung angestoßen, wie die zahlreichen Evaluationen zeigen. Die herstellerunabhängige und neutrale Beratung wird dabei von Eigentümer:innen sehr positiv bewertet.

Was genau macht ein/e Energieberater:in und wie kann er/sie Hausbesitzer:innen unterstützen?

Grundsätzlich gibt es leider noch kein Berufsbild Energieberater:in, sodass der Aufgabenbereich und das Angebot je nach Berater sehr variiert. Auf unserer Webseite haben wir eine Energieberatersuche, bei denen unsere Mitglieder auch den Umfang Ihrer Dienstleistungen genauer spezifizieren können. Dort kann man nach geeigneten Berater:innen für den jeweiligen PLZ-Bereich suchen. Im Wohngebäudebereich berät der/die Energieberater:in zu individuell an dem Objekt umsetzbaren Energieeffizienzmaßnahmen auch unter Berücksichtigung von Fördermöglichkeiten.

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Aber auch bei der konkreten Umsetzung von Maßnahmen begleiten Energieberater:innen die technische Realisierung und diese Qualitätssicherung ist teilweise auch verpflichtend bei der Inanspruchnahme von Förderung. Durch die unabhängige Beratung kann die für das Gebäude sinnvollste Lösung gefunden werden und die Qualität der Umsetzung der Maßnahmen wird kontrolliert.

Was ist der typische Ablauf einer Energieberatung und was muss man als Hausbesitzer:in für ein Vorwissen über seine Immobilie mitbringen?

Um sinnvolle Effizienzmaßnahmen an dem Gebäude vorzuschlagen, findet bei einer Energieberatung eine umfangreiche Vor-Ort-Begehung statt. Hausbesitzer:innen benötigen kein spezielles Vorwissen, aber sollten dem Berater oder der Beraterin alle Unterlagen von dem Gebäude zur Verfügung stellen, beispielsweise Grundrisse, Schnitte und alle vorhandenen Informationen zu bereits durchgeführten Sanierungen. Wenn Verbrauchsdaten von der Wärmeerzeugung und für Strom vorhanden sind, sollten diese ebenfalls dem Berater zur Verfügung gestellt werden. Zudem ist für den Berater von Interesse, wenn es Problematiken an dem Gebäude gibt, also beispielsweise die Räume sich nur ungenügend erwärmen oder Feuchte- oder Schimmelproblematiken auftreten. Im Rahmen der Vor-Ort-Begehung werden dann die Bauteile und Anlagentechnik des Gebäudes inspiziert und auf dessen Grundlage und nach dem Gespräch mit dem Eigentümer oder der Eigentümer:in verschiedene energetische Sanierungsvarianten für das Gebäude berechnet unter Einbeziehung möglicher Fördermittel. Diese Beratung wird in einem Bericht dokumentiert und die Ergebnisse dann nochmal persönlich erläutert.

Mit welchen Kosten muss man bei der Energieberatung rechnen - beispielsweise für ein Einfamilienhaus? Gibt es Förderungen für eine Energieberatung?

Wenn eine sogenannte Vor-Ort-Energieberatung durchgeführt wird, muss diese den aktuellen Richtlinien entsprechen, die durch das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle veröffentlicht werden (BAFA). Dazu gehört, wie bereits beschrieben, die Analyse des Ist-Zustandes und die Berechnung von energetischen Einzelmaßnahmen oder einer Gesamtsanierung. Diese Ergebnisse werden inzwischen oftmals mit einem sogenannten individuellen Sanierungsfahrplan (ISFP) dargestellt und am Ende in einem Gespräch persönlich erläutert. Diese Art der Beratung wird durch das BAFA gefördert mit bis zu 1.300 Euro bei einem Einfamilienhaus, sodass der Eigenanteil des Beratungsempfängers ab ca. 400 Euro beträgt. Diese Kosten können je nach Objekt deutlich höher liegen, je nach vorhandenen Plänen und Kubatur des Gebäudes. Natürlich können auch Zusatzleistungen vereinbart werden, beispielsweise die Berechnung der Erträge einer PV Anlage oder eine zusätzliche Dokumentation zum ISFP.

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Worauf sollten Eigenheimbesitzer:innen achten, wenn sie Energieberater:innen beauftragen?

Es sollten Berater:innen gewählt werden, die neutral und herstellerunabhängig beraten und sie sollten die entsprechende Qualifikation für die BAFA-Vor-Ort-Beratung haben. Auf unserer Webseite finden Sie unter der Energieberatersuche geeignete Experten. Wenn die Umsetzung energetischer Maßnahmen geplant ist und dafür auch Förderung in Anspruch genommen werden soll, ist es sinnvoll darauf zu achten, dass der Energieberater oder die Energieberater:in auch dafür eine entsprechende Qualifikation hat. Alternativ gibt es auch die sogenannte Energie-Experten-Liste der Dena, auf der alle registrierten Berater:innen aufgeführt sind - auch dort kann man als Netzwerkpartner das DEN e.V. auswählen und Berater:innen unseres Netzwerks finden.

Welche energetischen Maßnahmen haben erfahrungsgemäß die größten Einsparpotenziale?

Grundsätzlich wird oftmals das Potenzial von Wärmedämmmaßnahmen unterschätzt, insbesondere durch die Dämmung der Außenwände können nicht nur hohe Einsparungen erreicht werden, sondern auch Problematiken der ungenügenden thermischen Behaglichkeit oder Feuchte-/Schimmelproblematiken durch zu kalte Außenwände gelöst werden. Oftmals ist erst nach der Verringerung der Energieverluste der Gebäudehülle der Austausch der Heizung sinnvoll. Letztendlich müssen die Randbedingungen des Gebäudes individuell betrachtet werden und auch die Nutzeranforderungen berücksichtigt werden. Gegenwärtig konzentrieren sich beispielsweise die Fördermaßnahmen im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) vor allem auf die Heiz-Anlagentechnik, die gesamtheitliche energetische Sanierung und Wärmedämmmaßnahmen werden wesentlich geringer gefördert trotz hohen Potenzial zur CO2-Einsparung.

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Basierend auf Ihrer Erfahrung: Was sind die häufigsten Fehler, die bei der energetischen Sanierung auftreten?

Oftmals werden spätere Sanierungsmaßnahmen nicht berücksichtigt. Schon bei einigen Kund:innen hatten wir den Fall, dass vor einigen Jahren das Dach energetisch saniert wurde, aber eine spätere Außendämmung beim Dachüberstand nicht berücksichtigt wurde. Dementsprechend entstehen dann Zusatzkosten durch die Dachverlängerung. Oder vor einigen Tagen hatten wir einen Fall, bei dem nach einem Sturmschaden ein Flachdach Wärmedämmmaßnahmen durchzuführen. In der Ausführung der energetischen Sanierungsmaßnahmen haben wir oftmals Diskussionen bezüglich Luftdichtheit oder Durchführung des hydraulischen Abgleichs.

Welchen Tipp haben Sie für Eigenheimbesitzer:innen, deren Immobilie bereits in die Jahre gekommen ist?

Es ist sinnvoll, sich bereits frühzeitig über das Thema energetische Modernisierung zu informieren und auch ohne konkrete Notwendigkeit einer Maßnahme eine qualitätsgesicherte, neutrale Energieberatung in Angriff zu nehmen. Grundsätzlich ist es auch sinnvoll, sich mit der Funktionsweise der Heizungsanlage auseinanderzusetzen und beispielsweise auch Verbrauchsdaten in kürzeren Zeiträumen aufzunehmen.

Vielen Dank für das Interview, Frau Koepsell.

Das Interview führte unsere Head of Content, Jessica Tomala-Flute.

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