Erbe in Gefahr? Aufgepasst bei diesen Stolperfallen im Testament
Missverständnisse über juristische Begriffe, steuerliche Fallstricke und ungenaue Formulierungen können den letzten Willen schnell ins Gegenteil verkehren und viel Geld kosten. Welche sind die häufigsten Fehler und Irrtümer beim Testament und wie können Sie es sicher gestalten?
Form & Formalitäten müssen eingehalten werden
Viele Testamente entstehen am heimischen Schreibtisch, wo sich schnell Fehler einschleichen können. Ein besonders hartnäckiger Irrtum betrifft das gemeinsame Testament von Ehepaaren. Manche glauben, beide Partner:innen müssen einen Teil des Textes selbst verfassen. In Wirklichkeit genügt es, wenn eine Person den gesamten Text niederschreibt und beide am Ende unterschreiben. Andernfalls kann das Testament leicht als zwei Einzeltestamente interpretiert werden, was im Erbfall zu Streitigkeiten führen kann.
Ein weiterer formaler Stolperstein: Wer ein Testament ohne Notariat aufsetzt, muss es handschriftlich verfassen. Ein maschinengeschriebenes oder digitales Testament ohne notarielle Beurkundung ist ungültig. Zwar kann ein Ehegattentestament auch ohne Notariat gültig sein, aber unpräzise Formulierungen bergen das Risiko von gerichtlichen Auslegungen, die möglicherweise nicht dem ursprünglichen Willen entsprechen.
Besonders bei komplexen Regelungen, etwa wenn Sie Ihren Kindern ein Haus vererben wollen oder die Immobilie an eine Stiftung gehen sollen, bietet die notarielle Beratung entscheidende Vorteile: Sie sorgt dafür, dass der Text korrekt formuliert ist und rechtlich eindeutig bleibt.
Rechtssprache ist nicht gleich Alltagssprache
Juristische Begriffe wie Vorerbe und Nacherbe werden in Testamenten von Laien oft falsch verwendet. Ein Beispiel: „Der länger lebende Partner soll Vorerbe sein, die Kinder Nacherben.“ Ziel solcher Formulierungen ist, dass der verbliebene Partner zunächst alles erbt und die Kinder erst nach seinem Tod Anspruch auf das Erbe haben – das sogenannte Berliner Testament. Dabei gibt es allerdings einen sprachlichen Fallstrick: Ein Vorerbe darf den Nachlass nur verwalten und daraus Nutzen ziehen, etwa durch Mieteinnahmen. Er darf aber nicht frei darüber verfügen. So könnte ein Vorerbe etwa eine geerbte Immobilie nicht ohne weiteres verkaufen. Ohne präzise Formulierungen riskieren Sie, dass das Testament anders ausgelegt wird als beabsichtigt.
Weiter wird oft fälschlich davon ausgegangen, dass es keinen Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis gibt. Dabei gilt: Ein Erbe tritt in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein. Er muss beispielsweise die Beerdigung organisieren, übernimmt aber auch Schulden. Ein Vermächtnis ist dagegen nur ein Anspruch auf bestimmte Vermögensgegenstände oder Geldbeträge, ohne dass der Empfänger Mitspracherecht über den restlichen Nachlass hat. Der Begünstigte ist also nicht der Rechtsnachfolger des Verstorbenen.
Wie bindend ist das gemeinsame Testament?
Ein gemeinsames Testament ist nach dem Tod des ersten Partners üblicherweise bindend. Spätere Änderungen sind daher nur sehr eingeschränkt durchführbar. Ermöglicht werden sie durch eine Öffnungsklausel, in der die Änderungsoptionen klar definiert sind. Dadurch kann zum Beispiel festgelegt werden, dass der überlebende Partner die Erbanteile für die Kinder verändern darf, aber keine Freunde oder entfernten Verwandten als neue Erb:innen einsetzen darf.
Steuerliche Vorteile oder maximale Absicherung?
Viele Paare, die ein Berliner Testament aufsetzen, glauben, sie müssten zwischen der Absicherung des überlebenden Ehepartners und Steuervorteilen für ihre Kinder wählen. Tatsächlich lassen sich beide Ziele kombinieren: Mit einem sogenannten Supervermächtnis wird der Partner zwar zunächst Alleinerbe, kann aber bestimmen, wann und in welchem Umfang die Kinder aus dem Nachlass des zuerst verstorbenen Elternteils bedacht werden.
Was es mit dem Enterben und dem Pflichtteil auf sich hat
Wer Angehörige enterbt, muss wissen: Dieser Schritt bedeutet nicht, dass sie überhaupt nichts bekommen. Generell haben Ehepartner:innen, Kinder, Eltern und Enkel:innen einen Anspruch auf ihren Pflichtteil. Er entspricht der Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils.
Auch Schenkungen zu Lebzeiten ändern daran nichts, solange sie innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod erfolgt sind. Den Pflichtteil können Sie damit nur eingeschränkt umgehen: Innerhalb des ersten Jahres nach der Schenkung wird das Vermögen dem Nachlass mit seinem vollen Wert zugerechnet. Danach verringert sich der Betrag jährlich um zehn Prozent. Daraus ergeben sich jeweils die Pflichtteilsergänzungsansprüche. Konkret bedeutet das: Erst nach zehn Jahren bleibt die Schenkung unberücksichtigt.
Verschenken Sie Ihre Immobilie beispielsweise an Ihre Ehepartnerin oder behalten Sie sich ein Nießbrauchrecht vor, gibt es keine Abschmelzung. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bleibt hier dauerhaft bestehen.
Keine Kinder – Kein Testament nötig?
Viele Paare glauben fälschlicherweise, dass der überlebende Partner automatisch alles erbt, wenn es keine Kinder gibt. In der Realität ist die gesetzliche Erbfolge aber deutlich komplexer: Der Ehepartner erhält nur dann die gesamte Erbschaft, wenn keine Kinder und Enkel:innen, Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen oder Großeltern vorhanden sind. Außerdem hängt der Erbanteil vom gewählten Güterstand ab:
Bei der Zugewinngemeinschaft, in der Ehepaare ohne Ehevertrag automatisch leben, erhält der überlebende Partner neben dem gesetzlichen Erbteil ein weiteres Viertel der Erbschaft.
Wurde Gütertrennung vereinbart, steht dem Ehepartner nur der gesetzliche Erbteil zu.
Gibt es also jemanden in der gesetzlichen Erbfolge, würde der verbleibende Ehepartner bei einer Zugewinngemeinschaft drei Viertel der Erbschaft erhalten. Bei einer Gütertrennung wäre es die Hälfte.
Achtung beim Testament im Ausland!
Wer ins Ausland zieht, sollte auch an die Anpassung des Testaments denken. Der Grund: Seit 2015 gilt in der EU die europäische Erbrechtsverordnung. Darin ist festgelegt, dass grundsätzlich das Recht des Landes gilt, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Formulierungen im Testament können in manchen Ländern jedoch anders ausgelegt werden als in Deutschland. Um sicherzustellen, dass das deutsche Erbrecht gilt, können Sie festlegen, dass das Staatsangehörigkeitsrecht angewandt werden soll.