Wiedereinführung von Strafzöllen auf chinesische Solarmodule?
Abgeordnete des Europaparlaments debattieren über die erneute Einführung von Strafzöllen auf chinesische Solarmodule. Branchenvertreter warnen vor den möglichen Folgen.
Mitglieder des Europaparlaments in Brüssel und die Regierungen der europäischen Länder ziehen die Neueinführung von Zöllen auf chinesische Importe in Erwägung. Damit könnten neue Strafzölle auf Solartechnik-Komponenten erlassen werden. Zölle von durchschnittlich 47 Prozent waren in der Europäischen Union bereits 2013 eingeführt worden – 2018 waren sie ausgelaufen.
Chinas Vormachtstellung auf dem Markt bedroht europäische Unternehmen
Eine mögliche Wiedereinführung von Strafzöllen begründen Befürworter:innen mit der aktuellen Marktbeherrschung chinesischer Unternehmen. Mit deren niedrigen Preisen können europäische Solarunternehmen nicht mithalten. Über 80 Prozent der weltweiten Solartechnik-Produktionsstätten liegen mittlerweile in China. Je nach Komponente – vom Rohstoff Polysilizium bis zum kompletten Solarmodul – erreicht China einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung McKinsey zufolge einen Marktanteil von bis zu 95 Prozent.
Deutlicher Preisverfall von Solarmodulen während der letzten Monate
Dazu kommt, dass chinesische Hersteller ihre Solarmodule bis zu 50 Prozent unter den Produktionskosten und damit deutlich günstiger als ihre europäischen Konkurrenzunternehmen verkaufen. Innerhalb der letzten Monate sind die Preise für PV-Module um etwa 30 Prozent gefallen. Im Schnitt liegen sie dadurch mittlerweile bei knapp 15 Cent pro Kilowattstunde. Damit sich die europäischen Module rechnen, müssen sie hingegen etwa 20 bis 30 Cent pro Kilowattstunde einbringen. Die Wiedereinführung von Strafzöllen könnte dieses Problem lösen.
Matthias Ecke, SPD-Abgeordneter im Europaparlament, forderte die Europäische Kommission außerdem zur Einleitung einer Antisubventionsuntersuchung für Solarmodule und Solar-Komponenten auf: „Es ist fraglich, ob chinesische Hersteller solch niedrige Preise anbieten können ohne unerlaubte staatliche Unterstützung.“ Eine ähnliche Untersuchung zu chinesischen Subventionen für Elektrofahrzeuge hatte die EU-Kommission bereits im September angekündigt.
Europäische Solarindustrie warnt vor Folgen von Importzöllen
Branchenvertreter warnen indes vor einer Wiedereinführung von Strafzöllen auf chinesische Solar-Komponenten. „Anstatt die gesamte Branche durch Zölle zu sanktionieren, müssen wir Anreize für Solaranlagen schaffen, die aus einer soliden europäischen Solarproduktion stammen. Auf diese Weise kann der Einsatz von Solarenergie ungestört fortgesetzt werden, während die europäische Solarproduktion stetig wachsen kann“, äußerte sich Gunter Erfurt, Vorstandsmitglied des Branchenvertreters SolarPower Europe. Auch Unternehmen wie Enpal und Meyer Burger sprechen sich gegen das Erlassen von Strafzöllen aus. Jeder europäische Hersteller ist auf die Zulieferung chinesischer Solar-Komponenten angewiesen.
Vertreter der Solarbranche befürchten vor allem, dass die Energiewende durch diese Maßnahme deutlich teurer werden und sich verzögern könnte. Der Ausbau von Photovoltaik war während der Zeit von 2013 bis 2018, in der Zölle auf chinesische Solar-Importe erhoben wurden, zurückgegangen. Europäischen Herstellern hatten die Zölle ebenfalls nicht geholfen – zahlreiche unter ihnen mussten Insolvenz anmelden.