Kurz vor der Einführung der neuen Grundsteuer erhöhen zahlreiche deutsche Kommunen die Hebesätze deutlich. Das bedeutet den stärksten Anstieg in den letzten zehn Jahren, wie eine neue Auswertung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt. In die Analyse wurden alle 711 Gemeinden Deutschlands mit mehr als 20.000 Einwohnern einbezogen.
In Berlin verschicken die Finanzämter seit Mitte Oktober Bescheide zur neuen Grundsteuer. Insbesondere für Einfamilienhäuser mit Gärten ist ab 2025 mit steigenden Abgaben zu rechnen, Besitzer:innen von Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden werden eher entlastet. Um die Gesamtbelastung stabil zu halten, senkte das Berliner Abgeordnetenhaus den Hebesatz von bisher 810 auf 470 Prozent und reduzierte auch die Steuermesszahl. „Berlin wird sich an der Grundsteuerreform nicht bereichern. Das haben wir versprochen, und daran halten wir uns“, so Finanzsenator Stefan Evers (CDU) im August.
Einige Kommunen erhöhten jedoch ihre Steuern noch vor Inkrafttreten der Reform im kommenden Jahr, um ihre Einnahmen zu steigern – obwohl die Reform eigentlich darauf abzielt, die Steuerlast insgesamt nicht zu verändern. So stieg der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B laut DIHK landesweit auf 568 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 14 Punkten. Während 160 Kommunen ihren Hebesatz für dieses Jahr anpassten, senkten ihn nur drei Gemeinden.
Deutliche Erhöhungen in NRW und Hessen
Auffällig sind die besonders starken Hebesatz-Anhebungen in Nordrhein-Westfalen und Hessen. In Niederkassel und Rheinberg in Nordrhein-Westfalen kletterte der Hebesatz um beachtliche 410 Prozentpunkte auf 1.100 beziehungsweise 920 Prozent. Eschweiler und Xanten erhöhten ihre Sätze um 375 und 345 Punkte. Im hessischen Darmstadt liegt der Hebesatz nach einer Erhöhung um 340 Punkte nun bei 875 Prozent. 2024 haben 46 Gemeinden einen Hebesatz von über 800 Prozent. Zum Vergleich: 2023 waren es noch 25 Gemeinden.
Bettina Merx, Kämmerin von Eschweiler, erklärt die deutlichen Erhöhungen mit der angespannten Finanzlage durch gestiegene Energiekosten, hohe Tarifabschlüsse, höhere Baukosten und Kreditzinsen. Der Stadtkämmerer von Darmstadt, André Schellenberg, weist auf ein strukturelles Problem hin: „Anders als die Mehrzahl der Bundes- und Landessteuern steigen die Erträge aus der Grundsteuer nicht inflationsbedingt automatisch an.“ Ohne eine Erhöhung der Hebesätze würden die Einnahmen aus der Grundsteuer – ebenso wie bei der Gewerbesteuer – unverändert bleiben. Diese finanziellen Herausforderungen betreffen eine Vielzahl an Kommunen im gesamten Land.
Erhöhungsdruck auf Kommunen
Die Herausforderungen für Städte und Gemeinden bestehen auch darin, den stetig steigenden Sozial- und Personalausgaben gerecht zu werden, während ihre Einnahmen nur geringfügig ansteigen. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, erklärt zu den Hebesatz-Erhöhungen: „Kommunen haben oftmals keine andere Wahl.“ Auch André Berghegger vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sieht dies als notwendige Maßnahme: „Keine Gemeinde beschließt Steuererhöhungen leichtfertig.“ Angesichts weiterhin „förmlich explodierender Ausgaben“ könne eine Erhöhung der kommunalen Steuern künftig nicht ausgeschlossen werden. Berghegger rechnet für das Jahr 2026 mit einem möglichen Nachholeffekt, da die Reform 2025 aufkommensneutral bleiben soll.
Eine finanzielle Entlastung der Kommunen bleibe jedoch aus, solange Bund und Länder den Städten und Gemeinden nicht mehr Unterstützung zukommen lassen. Daher müssen viele Grundstückseigentümer:innen ab 2026 mit einer erneuten Erhöhung der Steuern rechnen – und zwar unabhängig davon, ob sie von der Reform 2025 profitieren oder nicht.
Abweichende Entwicklungen nur in wenigen Kommunen
Einige Kommunen gehen jedoch einen anderen Weg: So haben Büren, Herne und Magdeburg beschlossen, den Hebesatz der Grundsteuer B zu senken, um die Steuerlast für Grundstückseigentümer:innen zu verringern. Diese Entscheidungen stehen im Gegensatz zu den vielen anderen Städten, die ihre Hebesätze erhöht haben, um angesichts gestiegener Ausgaben ihre finanziellen Mittel zu stabilisieren. Sie verdeutlichen die unterschiedlichen Strategien, mit denen Kommunen auf die aktuellen Herausforderungen im kommunalen Haushalt reagieren.
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