Energy Sharing: Strom vom eigenen Dach bald für Nachbarn nutzbar?
Selbst produzierten Solarstrom an die Nachbarn zu verkaufen, ist in Deutschland bislang nicht erlaubt. Ein neues Gesetz könnte das bald ändern.
Der Bundestag berät derzeit über einen Entwurf für das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der Energy Sharing möglich machen soll. Damit könnten Hausbesitzer:innen Energiegemeinschaften gründen und ihren überschüssigen Solarstrom direkt an ihre Nachbar:innen verkaufen. Bislang ist das in Deutschland nicht erlaubt.
Wer Strom verkauft, gilt derzeit automatisch als Stromlieferant und muss strenge Vorschriften einhalten – dazu zählen Verträge, Bilanzierungspflichten und Liefergarantien. Durch den lokalen Handel könnten Strompreise langfristig jedoch sinken. Käufer:innen und Verkäufer:innen würden gemeinsam den Preis bestimmen, unabhängig von internationalen Krisen oder großen Energieversorgern.
Auf EU-Ebene ist Energy Sharing bereits durch eine Richtlinie vorgesehen. Sie soll ab Juli 2026 in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Funktionierende Energy-Sharing-Konzepte gibt es bereits in Österreich und Italien.
Energy-Sharing-Potenzial besonders in Deutschland hoch
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts produzierte Deutschland zuletzt 31 Prozent des gesamten Photovoltaik-Stroms der EU. In den ersten sechs Monaten des Jahres stammten laut Fraunhofer-Institut zudem etwa 19 Prozent des Stroms in Deutschland aus Solarenergie.
Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) sieht in Energy-Sharing-Konzepten daher großes Potenzial: „Energy Sharing ist ein notwendiger Schritt, wenn wir unseren Strom in Zukunft digital und effizient nutzen wollen.“ Einer Studie der Deutschen Energie-Agentur zufolge könnten mit Energy Sharing bis zu 73 Prozent des gesamten Strombedarfs in Deutschland gedeckt werden.
Kritik von Bundesrat und Forschung
Der aktuelle Gesetzentwurf lässt offen, wie Energy Sharing praktisch umgesetzt werden soll. Anders als in Italien und Österreich ist bislang keine Subventionierung vorgesehen, die eine Beteiligung für Haushalte attraktiver machen könnte. Lohnenswert wäre das Konzept für die meisten Solarbesitzer:innen dadurch noch nicht. „Ohne finanzielle Anreize bleibt es ein Liebhaberprojekt für ein paar Privatpersonen“, kritisiert Louisa Wasmeier von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE).
Der Bundesrat fordert, dass Teilnehmer:innen von Energiegemeinschaften finanziell belohnt werden sollten, um Investoren anzuziehen und das Modell breiter nutzbar zu machen.