Kostenfalle Cybersicherheit? Gesetzesvorhaben für Stromnetze in der Kritik
Energieverbände warnen, dass ein neues Gesetz nicht nur die Stromkosten in die Höhe treiben, sondern auch den Fortschritt der Energiewende bremsen könnte.
Ein Ende Juli 2025 vom Bundeskabinett beschlossener Gesetzentwurf zur Cybersicherheit stößt bei Energieverbänden auf Widerstand. Kernpunkt der Kritik ist der neue § 41 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG). Er sieht vor, dass alle „kritischen IT-Komponenten“ in Strom- und Gasnetzen künftig angemeldet und von den Behörden freigegeben werden müssen. Hintergrund ist die Sorge, dass unsichere oder manipulierbare Hardware, beispielsweise aus China, ein Einfallstor für Spionage oder Sabotage darstellen könnte.
Für die Energiebranche bedeutet das jedoch erheblichen Aufwand: Jedes Bauteil müsste registriert, geprüft und gegebenenfalls ersetzt werden. Betroffen wären auch Steuergeräte in Wärmepumpen oder Wallboxen. Da viele Netzknoten heute bereits mit digitalen Steuer- und Kommunikationseinheiten ausgestattet sind, könnte der Austausch mit hohen Kosten einhergehen.
Höhere Kosten und Bremse für die Energiewende?
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sehen in den geplanten Vorschriften ein Risiko für Verbraucher:innen und Versorger. Zwar sei das Ziel, die Stromnetze besser gegen Spionage oder Sabotage abzusichern, nachvollziehbar. Doch in der aktuellen Form bedeute das Gesetz mehr Bürokratie und Verzögerungen bei Projekten.
Zusätzlich drohen höhere Kosten für Haushalte: Die aufwendigen Prüfverfahren verteuern den Netzausbau und die Modernisierung von Strom- und Gasnetzen. Müssen Netzbetreiber bestehende Technik umrüsten oder neu kaufen, entstehen weitere Zusatzkosten, die direkt oder indirekt auf die Stromrechnung der Verbraucher:innen umgelegt werden. Hinzu kommt die Unsicherheit für Stadtwerke: Selbst Produkte bewährter Hersteller könnten kurzfristig verboten werden, sodass Unternehmen Rücklagen für den Austausch von Komponenten bilden müssen. Landet ein Hersteller auf der Blacklist, könnten Unternehmen gezwungen sein, funktionierende Technik sofort auszutauschen. Das könnte zusätzliche Kosten und Lieferengpässe nach sich ziehen.
Die Verbände warnen, dass auch zentrale Projekte der Energiewende ins Stocken geraten könnten. Schon heute dauere es Monate, bis Netzbetreiber alle Genehmigungen erhalten. Zusätzliche Hürden würden diesen Prozess weiter verzögern – für große Konzerne ebenso wie für kleinere Stadtwerke.
Einigkeit beim Ziel – Streit um den Weg
Um die Ziele des Gesetzes mit weniger Nachteilen umzusetzen, schlagen die Verbände unter anderem eine Whitelist mit vertrauenswürdigen Herstellern oder eine klar definierte Blacklist vor. Zudem fordern sie Bestandsschutz für bereits verbaute Komponenten und eine europaweit einheitliche Regelung, um Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen zu vermeiden.
Trotz der Kritik betonen die Verbände, dass der Schutz der Netze unerlässlich ist. „Wir teilen das Ziel, Cybersicherheit zu stärken“, erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. „Aber die aktuellen Verfahren führen zu Rechtsunsicherheit, zusätzlichen Kosten und Engpässen in den Lieferketten.“ Niemand wolle riskieren, dass ausgerechnet in der kalten, dunklen Jahreszeit plötzlich der Strom ausfalle – doch um das zu verhindern, brauche es aus ihrer Sicht eine Überarbeitung der geplanten Regeln.