Für mich ist die Küche ein typisch weiblicher Ort und ich finde das absolut nicht schlimm. Zum Schrecken vieler Feministinnen bin ich froh, dass mein Freund und ich eine klassische Rollenaufteilung zu Hause haben: Er kümmert sich ums Auto, bringt den Müll runter und repariert Sachen. Ich regel den Einkauf und koche das Essen. Damit bin ich glücklich und ich würde es mir auch nicht anders wünschen.
Das lebende Klischee
Solch ein Szenario wie beim Bilderaufhängen ist keine Seltenheit bei uns. Als mein Freund und ich zusammengezogen sind, habe ich selbstverständlich beim Umzug mit angepackt. Ich habe die Ärmel hochgekrempelt und Schnittchen für alle geschmiert. Danach habe ich Wände gestrichen, Möbel geschliffen und Schränke aufgebaut. Haben mir diese Dinge Spaß gemacht? Nein. Bin ich stolz, dass ich es trotzdem durchgezogen habe? Klar! Dennoch bin ich froh, wenn mein Freund solche Sachen für mich übernimmt. Nicht, weil ich es mir nicht zutraue, sondern weil es mir einfach keinen Spaß macht. In dieser Hinsicht bedienen mein Freund und ich das klassische Rollenklischee: Ich finde gar nichts faszinierend an Bohrmaschinen, Baumärkten oder Motorhauben. Dafür sind das alles Dinge, die mein Freund wahnsinnig toll findet. Stattdessen probiere ich für mein Leben gern neue Rezepte aus oder werde selbst in der Küche kreativ.
Bin ich eine aussterbende Spezies?
Einkaufslisten erstellen, durch Supermärkte schlendern und stundenlang in der Küche stehen – was für andere Arbeit oder eher eine Notwendigkeit ist, bedeutet für mich Entspannung pur. Doch mit zunehmender Gleichberechtigung darf ich mich immer öfter dafür rechtfertigen. Mein Können in der Küche wird zwar gelobt und alle freuen sich über das leckere Essen. Doch wenn ich gleichzeitig nicht auch Möbel aufbauen oder Autos reparieren kann, ist das höchst verwunderlich.
Zum Beispiel für die KFZ-Mechatronikerin, die mir vor einiger Zeit bei einer Autopanne geholfen hat. Als ich mit einer Freundin einen Reifen wechseln musste, war unser Wille zunächst stark, es selbst zu schaffen. Drei Youtube-Videos später beschlossen wir jedoch, in einer Werkstatt fachmännischen Rat einzuholen. Ich werde nie die Verwunderung der Kfz-Mechatronikerin vergessen, als wir dort ankamen. Ich fühlte ich mich wie ein kleines Dummerchen. Bestimmt wunderte sie sich, wieso wir nicht in der Lage waren, einen simplen Reifen zu wechseln. Wenn sie wüsste, dass ich auch noch super schlecht beim Einparken bin.
Die Wahl haben heißt, Perspektiven zu respektieren
Wenn manche sich fragen, wozu es in einer emanzipierten Welt überhaupt noch Frauenparkplätze mit Übergröße gibt, dann melde ich mich zu Wort. Ich hasse Einparken und freue mich über jeden übergroßen Parkplatz, den ich bekommen kann. Eine Aussage, mit der ich mich allerdings in der Minderheit fühle. Doch wieso kann ich nicht zugeben, dass Einparken nicht meine Stärke ist, ohne mich dafür schlecht zu fühlen?
Mir ist natürlich klar, dass ich mich glücklich schätzen kann. Ich habe die Wahl, ob ich kochen, einen Schrank zusammenbauen oder einfach rumsitzen möchte. Viele Frauen müssen sich dieses Recht erkämpfen und das möchte ich hier auch nicht in Frage stellen. Ich bin froh, wenn jeder sein Leben so gestalten kann, wie er das möchte. Das bedeutet für mich allerdings auch, die Perspektive von jedem zu respektieren. Wenn ich nicht hundertprozentig mit dem Feministinnen-Strom schwimme, dann ist das meiner Meinung nach okay und hat nichts mit meiner Abhängigkeit gegenüber Männern zu tun. Schließlich kann ich mich auch für alle reifenwechselnden Frauen freuen, ohne aus meiner Küche verbannt zu werden!